eine Bergtour in den Zillertaler Alpen –

Am 22. August 2023 – nach Anfahrt mit der Bahn bis Mayrhofen, Bergfahrt mit der Seilbahn auf den Ahorn, 1966m, und Aufstieg zur Hütte – trafen wir acht von der Gruppe BEST uns auf der Edelhütte, 2245m: Andreas, der schon vor Ort war, Bettina, Georg, Helene, Steffi, Thomas, Wolfgang und ich, Leiter der Tour. Heute knapp 300 Hm rauf, 1¼ Stunde unterwegs. Wetter: sehr heiß und trocken.

Zillertal 2023 Ahornspitze

Am nächsten Tag stiegen wir auf gen Ahornspitze, am eigentlichen Gipfelaufbau auch schon ‘mal die Hände zur Hilfe nehmend, am Südgipfel entlang (Drahtseil, zwei Klammern), in eine Senke und dann kurz hoch auf die Ahornspitze, 2973m, die gut besucht war, so dass wir am Südgipfel eine längere Rast machten. Eine phantastische Aussicht genossen wir. Beim Abstieg wichen Andreas und Thomas später vom Hauptweg ab und nahmen den Pfad über die Popbergschneide. Vor der Hütte kamen wir wieder zusammen und genossen Speis‘ und Trank auf der Hüttenterrasse. Heute ca. 750 Hm rauf und auch runter, 5 ½ Stunden (inkl. Pausen) unterwegs. Wetter: recht heiß und trocken.

Zillertal 2023 Popbergschneide I

Zillertal 2023 Popbergschneide II

Am Donnerstag gingen wir von der Edel- zu unserer Kasseler Hütte den  7 Schneidensteig, auch Aschaffenburger Höhenweg genannt. Zuerst zur Popbergschneide, 2448m (Drahtseil): die Sonne kam ‘rüber, herrliche Stimmung. In weitem Bogen zur Krummschnabelschneide bzw. -scharte, 2478m (Drahtseil). Nach einer Pause noch im Schatten überquerten wir die dritte Schneide, Nofertensschneide, durch das Sammerschartl, 2392m (dickes Tau hoch, Drahtseil hinab). Der Hennsteigenkamp, die vierte Schneide, wird an der Nofertensmauer (Viehmauer), 2277m, überschritten. Die Notunterkunft, eine wunderschöne (gemauerte) Biwakhütte, 2150m, spendete uns kühlenden Schatten im Inneren. Nach der fünften Schneide, dem Weißkarjöchl, 2119m, als Joch kaum zu erkennen, erreichten wir schon bald das Samerkarjöchl, 2200m, die sechste Schneide und schließlich die siebte Schneide, die Sonntagskarkanzel, 2202m, wo wir den ersten Blick auf unsere Hütte hatten und die ersten wenigen Regentropfen bei Donnergrollen in der Ferne abbekamen, aber es wurde danach wieder heiter und sonnig. Nun stiegen wir hinab auf den Zustiegsweg zu unserer Kasseler Hütte, 2177m, und erreichten diese nach gut 14 km, 850 Hm rauf und 750 Hm runter, in 10 ½ Stunden, davon knapp 9 Stunden Gehzeit. Wir wurden von Lukas erwartet und herzlich begrüßt. Die Tour erfordert Ausdauer, unbedingt Trittsicherheit und Konzentration, da sehr viel Blockwerk, aber auch Grashänge zu gehen sind. Bei Nässe sollte man unbedingt davon ablassen, wie ich bei meiner zweiten Begehung selbst erfahren hatte. Diese war meine dritte Querung, landschaftlich ist der Weg nämlich toll. Wetter: sehr heiß, am Abend heftiger Schauer (wir waren zum Glück schon in der Hütte!).

Zillertal 2023 unser Klettersteig

Den folgenden Tag verbrachten wir aktiv auf und an unserer Hütte. Am Vor- und dann auf Wunsch noch einmal am Nachmittag durchstiegen wir (nicht alle) den Klettersteig oberhalb unserer Hütte. Außerdem gingen wir zum Wassersammelbecken (u.a. für den Betrieb unserer Turbine), am Abend auch in die Kellerräume, wo uns jeweils Andreas, der ja zum Team unserer drei Hüttenwarte gehört, Reparaturen, Wartung und Technik erklärte, am Abend unterstützt von Reinhard, auch Hüttenwart, den wir, wie geplant, auf der Hütte getroffen hatten. Gastfreundlichkeit und Küche machen unsere Hütte empfehlenswert. Wetter: sehr warm, ab Nachmittag Schauer, Aussichten nicht gut.

Zillertal 2023 zur Greizer

Am Samstag stieg Wolfgang, der krank geworden war, ab und fuhr per Bahn nach Hause, wir anderen sieben machten uns auf zur Greizer Hütte, nachdem der Regen aufgehört hatte. Wolken stiegen aus dem Stillupgrund auf, bildeten unterhalb von uns einen dicken weißen Wolkenteppich, darüber strahlend blauer Himmel. Über die Lapenscharte, 2701m, gelangten wir in sechs Stunden (inkl. Pausen) nach 870 Hm hoch und 820 Hm runter und 10 km zur Greizer Hütte, 2227m, die von neuen, jungen Pächtern und ganz jungem Team nun betrieben wird mit vegetarischem und veganem Essen: sehr lecker! Wetter: durchwachsen, morgens und abends Regen, tags sonnig, blauer Himmel.

Am Sonntag musste aus beruflichen Gründen, wie geplant, Georg absteigen und (auch per Bahn) nach Hause fahren. Wegen des Wetters ließen wir von der geplanten Besteigung des Gigalitz‘ ab, machten allein oder in Kleingruppe Spaziergänge um die Hütte und in Richtung Löffler oder Floitenkees und / oder machten einen Lese- und Schlemmertag in der Hütte. Für den nächsten Tag nahmen wir uns vor, angesichts des Wetters bis zur Abzweigung des Wegs zur Berliner Hütte, unserem nächsten Ziel, abzusteigen und dort zu entscheiden, ob wir über die Brücke, die schon sehr umspült war, wie Leute berichteten, die von dort gekommen waren, zur Mörchenscharte auf- oder sicherheitshalber ins Tal nach Ginzling absteigen. Wetter: Regen am Morgen, kühl, stärkerer Wind, am Abend und in der Nacht Regen.

Zillertal 2023 Unwetter I

Zillertal 2023 Unwetter II

Am Montag, 28.08., stiegen wir bei Dauerregen ab. Der Weg war der Bach. Die eigentlichen Bäche waren tobend und schwierig zu queren. An der Kreuzung neben der Brücke war sofort offensichtlich: kein Durchkommen zur und über die Brücke, zu breit und reißend war der Bach, der zu einem Fluss angewachsen war. Wir stiegen also gen Ginzling ab, wieder neben dem Weg, der ein Bach auch hier war. Selbst der dann beginnende Fahrweg war an mehreren Stellen überspült: wir mussten durch das Wasser, das immer wieder über die Knöchel, an manchen Stellen sogar bis Kniehöhe ging, waten, uns einander Halt geben, da es teils heftig strömte. An der Hütte der Materialseilbahn machten wir eine kürzere Pause, gingen dann den Fahrweg weiter hinab, der nun an mehreren Stellen breit überspült war, und standen schließlich vor einer Geröllwand quer über den Weg. Ich stieg vorsichtig an deren unterem Teil vorbei und sah dahinter einen breiten, reißenden, braunen Fluss quer zum Weg, diesen völlig versperrend. Weiter oben das Wasser queren? Die Antwort kam prompt: Steine und Geröll donnerten in der Furt dieser Mure herab, wovor die anderen auch Helene warnten, die auf die Sperre aus Geröll gerade steigen wollte. Nichts ging mehr, also zurück zur Materialseilbahn! Auf diesem Rückweg, auf dem die querenden Wasserzüge mittlerweile breiter geworden waren, teilten wir sechs den anderen fünf, die mit Abstand hinter uns her kamen, mit, wie die Lage war. Der Materiallift zur Greizer Hütte ist für den Transport von Material und/oder drei Personen (vom Personal) eingerichtet.

Zillertal 2023 Unwetter III

Wir nutzten das Telefon an der Hüttenwand und teilten dem Hüttenwirt mit, dass hier ein Notfall vorliege, da nach dem Weg hinab ins Tal nun auch der hinauf zur Hütte unpassierbar sein dürfte, er uns also per Materiallift hochholen möge. Er vergewisserte sich bei der Bergwacht, die ihm zu verstehen gab, uns hochzufahren. Wir waren durchnässt, begannen zu frieren. Ich teilte uns elf in eine Reihenfolge, in der wir zu dritt im Lift hochgezogen wurden. Thomas und ich ließen uns nach zwei Stunden als letzte hochholen. Wir sahen von oben, wie breit, braun und tosend die Bäche zu Tal donnerten. Hätte der Lifttransfer nicht geklappt, hätten wir in unseren Biwaksäcken in der Hütte des Materiallifts nächtigen müssen. Trockenraum und Wirtsstube der Greizer Hütte waren herrlich warm, da das Wasser, das von oben kam, nun auch den zweiten Generator der Hütte antrieb. Ob wir den nächsten Tag absteigen können? Heute 5 ½ km, 2 ¼ Std und 720 Hm runter und 120 Hm rauf. Wetter: Regen, siehe Verlauf dieses Tages!

Zillertal 2023 Unwetter IV

Zillertal 2023 Unwetter V

Am Dienstagmorgen lag Schnee auf den Hängen über uns, es regnete nicht mehr! Da wir die Tickets für die Zugrückfahrt an diesem Tag und zwei am folgenden Tag wichtige berufliche Termine hatten, wollten wir probieren, ob heute der Abstieg klappt. Nach Absprache mit Christian, dem Hüttenwirt, fuhren Andreas und ich mit dem Materiallift wieder runter: die Bäche waren weiß statt braun und in ihr Bett zurückgekehrt und die Brücke war etwas besser zugänglich. Auf dem Weg zur großen Mure waren zwischenzeitlich noch kleinere Geröllquerungen auf dem Fahrweg.

Zillertal 2023 Unwetter VI

Zillertal 2023 Unwetter VII

Nach Besteigen des Geröllwalls sahen wir, dass sich im abgeschwollenen Bach eine Insel aus Steinen gebildet hatte: Übergang ist möglich. Dahinter war der Fahrweg zwar bis zu dreiviertel längs zum Fluss weggerissen, aber am Rand passierbar. Zurück zum Telefon des Materiallifts: Lagebericht an Hüttenwirt, der darauf sehr gespannt wartete, und noch drei von uns per Lift zu uns herunterschickte. Helene hatte sich entschieden, noch eine Nacht auf der Hütte zu bleiben und dann nach Hause zu fahren, was sie so auch tat.

Zillertal 2023 Unwetter VIII

Zu fünft stiegen wir also ab nach Ginzling, passierten noch einige überflutete Passagen und (kleinere) Muren, sprachen mit den Fahrern zweier Bagger, die schon vor der Sintflut an unterschiedlichen Wegabschnitten gearbeitet hatten und nun begannen, ihn freizuschaufeln, sahen noch mehr Stellen, an denen der Fahrweg weggebrochen war, was dem Milchbauer und vor allem der Hütte auf lange Zeit An- und Ablieferungen per Auto unmöglich macht. Die Straße nach Mayrhofen war nach gestrigem Murenabgang seit diesem Morgen wieder passierbar, aber noch nicht zum Schleggeisspeicher. Der Linienbus konnte uns also nach Mayrhofen fahren. Headline einer örtlichen Zeitung: „Glück im Unglück“ bei diesem „Jahrhundertunwetter“, was auch voll auf uns zutraf. Wir freuten uns, dort die Jugendgruppe, die es am Vortag zur Kasseler Hütte geschafft hatte, munter und heil zu treffen. So kamen wir auch schließlich am späten Abend in Kassel wieder an. Den Titel dieses Berichtes formulierte Andreas so treffend.

Arnulf Wigand